MAK: Ein Ort für den Modediskurs

Das Museum für Angewandte Kunst (MAK) Wien, hat in der Expositur Geymüllerschlössel einen Ort für den Modediskurs gefunden. Unter dem Titel (Con)Temporary Fashion Showcase werden von Mai bis Dezember 2022 drei herausragende Positionen österreichischer Modedesigner_innen gezeigt – und mit Talks, Workshops und Symposien begleitet. Den Anfang macht die Architektin und 3D-Designerin Julia Körner – gefolgt von Susanne Bisovsky und Jojo Gronostay.

Foto oben: Julia Koerner MAK Geymüllerschlössel © MAK/Georg Mayer

Die österreichische Modeszene braucht mehr Aufmerksamkeit – und den Diskurs, sagte Lilli Hollein, die Generaldirektorin des Museums für Angewandte Kunst in Wien, anlässlich der Pressekonferenz zur Eröffnung der Ausstellung (Con)Temporary Fashion Showcase. Das sei ihr von Anfang an klar gewesen. So sei die Idee entstanden, dem Modediskurs in der Expositur Geymüllerschlössel einen Ort zu widmen. Hier will man zukünftig virulenten Modethemen und dem Wesen der Mode nachgehen – in Form von temporären Ausstellungen, Präsentationen und Performances sowie thematisch anknüpfenden Veranstaltungen.

Drei eigenständige Positionen

Den Auftakt macht die Architektin und 3D-Designerin Julia Körner, deren Arbeiten von 07. Mai bis 05. Juni zu sehen sein werden. In Salzburg geboren und aufgewachsen, studierte sie an der Universität für Angewandte Kunst in Wien bei Greg Lynn Architektur und arbeitete dann drei Jahre beim Designer Ross Lovegrove in London. Seit 2012 arbeitet sie am Architektur Institut der University of California, in Los Angeles (UCLA). 

Auf Julia Körner folgt die Modedesignerin Susanne Bisovsky (11. Juni bis 28. August) die sich in ihren Arbeiten auf die Suche nach einem vergangenen Wiener Chic begibt. Zentral sind historische Elemente, die sie auf neuartige Weise zusammenfügt oder aber als Inspiration für vollkommen neue Ansätze verwendet. Bisovski hat an der Universität für Angewandte Kunst in Wien bei Helmut Lang Mode studiert. 

Die dritte Ausstellung ist Jojo Gronostay gewidmet (03. September bis 04. Dezember), bei dem der Aspekt der Kunst im Vordergrund steht. Er wird der Frage nachgehen, unter welchen Voraussetzungen Mode in eurozentristisch geprägten Konzepten in Kunstgewerbemuseen wie dem MAK gesammelt wird. Gronostay gewann mit seinem Label Dead White Men’s Clothes 2021 den Modepreis der Stadt Wien. Der Sohn eines ghanaesischen Vaters studierte unter anderem Kunst und Fotografie an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und Kunst an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris. Wiederkehrende Themen seiner Arbeit sind das Modesystem, Neokolonialismus und Identität. 

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Julia Körners Schlosskollektion

Wie Hollein erwähnte, hat das Geymüllerschlössel als Ausstellungsort für zeitgenössisches Modedesign durchaus seine Tücken. Es wurde in der Zeit des Biedermeier erbaut und das Mobiliar ist unverrückbar. Um ein stimmiges Gesamtbild zu generieren, bedarf es einfühlsamer Kurator_innen und Designer_innen. Weshalb die Künstler_innen das historische Ambiente schon in der Auswahl ihrer Objekte berücksichtigen. Die 3D-Designerin Julia Körner entwickelte eine eigene Schlosskollektion in monochromer Farbgebung. Zentral ist ein ecrufarbenes lamellenartiges Design, das sie in verschiedenen Dimensionen variiert, so dass es sich als Vase, Coachtisch, Leuchte – oder Podest eignet. 

3D-Druck, (Con)Temporary Fashion Showcase, Julia Körner
Julia Koerner, HY Clutch Bone, 2021 Foto: Elena Kulikova © JK3D

Letzteres dient in der Ausstellung der Präsentation ihrer Clutches, die sie in schlossrosa und schlossblau 3D-druckte, um eine farbliche Verbindung zum historischem Fresko und Mobiliar im Kuppelsaal des Schlössen herzustellen. Die Clutches sind in ihrer Struktur von den Lamellen eines Hymeniums – dem Fruchtlager eines Pilzes – inspiriert. 

Beides – sowohl Wohnaccessoires als auch Clutch – zählen zu Körners neuesten Arbeiten, die unter ihrem Label JK3D käuflich online erwerblich sind. Die Filamente für den 3D-Druck sind pflanzenbasiert und die Produkte werden lokal und on-demand produziert. Die Lieferung soll innerhalb von 5 Arbeitstagen möglich sein. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell, in dem sowohl lange Transportwege als auch Überproduktion vermieden werden.

3D-Design in der Mode

Bekannt wurde die vielseitige Künstlerin als eine der gezählten Künstler_innen weltweit, die 3D-Design auf Mode anwenden können. Zu ihren aufsehenerregendsten Projekten zählt die Zusammenarbeit mit der Modedesignerin Iris van Herpen (2012) und ihr Beitrag zum Kostümbild des Hollywood Films Black Panther, das 2019 mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. 

Setae Jacket (2019)

Im (Con)Temporary Fashion Showcase im Geymüllerschlössel sind zwei Modeobjekte aus der Zusammenarbeit mit dem israelischen 3D-Druck Unternehmen Stratasys zu sehen. Der Hintergrund: Material und Struktur von Kleidung aus dem 3D-Drucker kommen noch nicht an die erforderlichen taktilen Eigenschaften von Kleidung heran. Deshalb entwickelte das Unternehmen eine Art Übergangstechnik, in der 3D-Druck direkt auf Textilien aufgebracht wird. Körner entwarf das Design für den Launch der neuartigen Technik, das sogenannte Setae Jacket. Es ist am farbenprächtigen Design des Madagascian Butterfly – und der einzigartig samtigen Oberfläche von dessen Flügel inspiriert.

Julia Körner, Setae Jacket, 3D-Druck, Mode, (Con)Temporary Fashion Showcase
Julia Koerner, Setae Jacket for Chro-Morpho, Collection by Stratasys, 2019 © Ger Ger

Arid Dress (2020)

Im darauffolgenden Projekt arbeitete Körner an der weiteren Vereinfachung des Drucksystems, um die Technik auf Industrieniveau zu bringen. Das Projekt lief unter dem Titel Digital Vogue – Between Organic and Synthetic Processes und war Teil des EU-Projekts Re-FREAM. Das Problem das sich stellte, war ein Druckbett, das zu klein ist, um das ganze Kleidungsstück auf einmal drucken zu können. Weshalb es in mehreren Teilen gedruckt und dann zusammengesetzt werden muss. Bisweilen ist die Montage am Ort des Druckens noch nicht möglich. Angestrebt wird die komplette Fertigung an einem Ort. Dann kann das Kleidungsstück lokal und on-demand maßgefertigt werden – zum Beispiel in einem Maker Space. So will Körner auch die Modeproduktion zurück in die Absatzmärkte holen.

Das Problem mit der Assemblierung an einem Ort, löste sie, indem sie Arid Dress konstruierte, ein Kleid, das aus 38 Teilen besteht, die mittels kleinster Druckknöpfe aneinandergedruckt werden können. Die Druckknöpfe können in den Druckprozess integriert werden. 

Julia Körner, 3D-Druck, Mode, (Con)Temporary Fashion Showcase
Julia Koerner, ARID Collection im Rahmen des Re-FREAM-Projekts Digital Vogue, 2020 © Ger Ger

 Venus Dress (2016)

Körner findet die kurzen Entwicklungszeiten in der Modeindustrie problematisch. In ihren eigenen Projekten zieht sich die Entwicklungsphase oft bis zu drei Monaten. Deshalb sei sie bald zu eigenen Modeprojekten übergegangen, erklärte sie in der Pressekonferenz. Ein Beispiel dafür ist Venus Dress, das dritte Modeobjekt in der Ausstellung. Das Kleid ist an der komplexen netzartigen Struktur des Venus Flower Basket Sponge inspiriert, einem Tiefseeschwamm, der seine Form unter Einwirkung von Licht und Wasserströmung verändert. Bei Venus Dress ist es die Materialoberfläche, die mit Farbveränderungen auf die Körpertemperatur des Trägers / der Trägerin reagiert. 

Julia Körner, 3D-Druck, Mode, (Con)Temporary Fashion Showcase
Julia Koerner for MINI/Iris by Tom Oldham. Spring Studios, London 13/5/16

Die Ausstellung wurde von Lara Steinhäußer, Kustodin MAK Sammlung Textilien und Teppiche, kuratiert. Zugänglich ist der (Con)Temporary Fashion Showcase nur an den Wochenenden. Nähere Informationen zur Ausstellung und dem Begleitprogramm finden Sie unter folgendem Link.

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