digitaler Textildruck

Der digitale Textildruck erlebte in der Pandemie ein rasantes Wachstum

In der Pandemie hat die Nachfrage nach print-on-demand zugenommen. In der Folge zog auch die Nachfrage nach digitalen Textildruckmaschinen an. Das liege daran, dass Endverbraucher*innen Online-Druckdienstleister entdeckt haben, die personalisierte Produkte anbieten. Aber auch die Modeindustrie tendiere dazu, einzelne Produktionsschritte wieder vermehrt lokal abzuwickeln, so die Erklärung von Brancheninsidern. Eine Erforschung des Marktes und der Möglichkeiten des digitalen Textildrucks:

Foto oben: (c) Aguri Sagimori

Die Pandemie hat die Digitalisierung beschleunigt. Das zeigt sich auch im Textildruck. Der Hersteller von digitalen Textildruckmaschinen Seiko Epson Corporation erlebte 2020 in der DACH-Region ein Plus von 50 Prozent. Das Wachstum war sprunghaft und kam überraschend. Die Anfänge des digitalen Textildrucks in Europa datieren in die Mitte der 1990er-Jahre zurück. Einer der ersten Drucker war der TruColor TCP Jetprinters der Firma Stork. Das Gerät basierte auf Tintenstrahl-Technologie. Das Unternehmen hat sich mittlerweile aus dem Markt zurückgezogen.  

digitaler Textildruck
Digitaler Textildruck von Aguri Sagimori (c) Aguri Sagimori

Nach Jahrhunderten des traditionellen Kalander- und Siebdrucks war die Erfindung des digitalen Textildrucks ein großes Ereignis, dem eine ähnliche Bedeutung beigemessen wurde, wie der Erfindung des Jacquard-Webstuhls. Dieser ermöglichte 1805 das Weben groß gemusterter Gewebe.

Epson kam 2003 ins Spiel, als das japanische Unternehmen gemeinsam mit dem italienischen Hersteller von Textildruckmaschinen, Robustelli s.r.l., Monna Lisa entwickelte, den ersten industriellen tintenstrahlbasierten digitalen Textildrucker. Robustelli ist in Como niedergelassen, eine Region, die weltweit für ihre hochwertige Seidenproduktion bekannt ist – und die Stoffeinkäufer aus der High Fashion anzieht. Seither steht Monna Lisa in den größten Textildruckereien weltweit und in den Werkstätten der großen Modemarken.   

Vorteile des digitalen Textildrucks

Die digitale Textildruckmaschine hat mehrere Vorteile. Einer der größten ist ihre einfache Handhabung, durch die sich der Herstellungsprozess von Monaten auf Tage reduziert, so Pietro Roncoroni von For-Tex in diesem Video. Beim traditionellen Siebdruck muss aufwändig mit dem Sieb hantiert werden. Erst muss es vorbereitet und in die Druckvorrichtung eingelegt werden und dann muss es wieder entfernt und gewaschen werden. Jede Farbe braucht ein eigenes Sieb.

Außerdem kann im digitalen Textildruck der lange Drucktisch von einem relativ kleinen Gerät ersetzt werden, das mit Druckwalzen operiert. Dadurch kann es auch auf relativ kleinen Flächen installiert werden.

Neben dem vereinfachten und beschleunigten Procedere ist der tintenstrahlbasierte digitale Textildruck auch ressourcenschonend. Der Druckprozess spart bis zu 75 Prozent Wasser und 40 Prozent Energie.

Das ästhetische Moment

Das ästhetische Moment des digitalen Textildrucks liegt in hohen Druckauflösungen, die komplexe Farbverläufe und Fotomotive ermöglichen. Neuartige Effekte ergeben sich durch die Möglichkeit, Motive auf den Schnittteilen zu platzieren. So lässt sich zum Beispiel die Taille optisch betonen. Ein Designer, der das auf spektakuläre Weise gezeigt hat, war Alexander McQueen. Seine Kollektion Frühjahr 2010 markiert den Durchbruch des digitalen Textildrucks in der High Fashion. Er zeigte unter dem Titel Plato’s Atlantis platzierte Drucke, die durch die Bewegungen der Models den Effekt einer wellenartigen Dynamik vermittelten. Eine andere Designerin, die mit dem digitalen Textildruck untrennbar verbunden ist, ist die in London lebende Griechin Mary Katrantzou.

Digitaler Textildruck von der japanischen Modedesignerin Aguri Sagimori (c) Aguri Sagimori
Digitaler Textildruck von der japanischen Modedesignerin Aguri Sagimori (c) Aguri Sagimori

Print-on-demand

Zurück zum Pandemiejahr 2020: Die größten Textildruckereien und Modemarken befinden sich außerhalb des DACH-Raums. Was war es also, das die Nachfrage nach digitalen Textildruckmaschinen in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz jäh ansteigen ließ? Andreas Stephan, Manager Business Development ProGraphics and Industrial Printing bei Epson Deutschland in Meerbusch vermutet, dass es die Lockdowns waren und die verminderten Möglichkeiten in Geschäften einzukaufen; beides veranlasste die Endverbraucher*innen, online nach Dingen zu suchen, die sie immer schon haben wollten: wie zum Beispiel ein nach eigenen Vorgaben bedrucktes T-Shirt oder einen ebensolchen Duschvorhang. Durch diese gestiegene Nachfrage sahen online agierende Druck-Dienstleister und Marken die Notwendigkeit, ihre Druckanlagen zu erweitern.

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Digitaltextildruck ermöglicht die Fertigung von einzelnen Druckaufträgen und Kleinserien on-demand. Dieser Vorteil wurde von Modeherstellern im DACH-Raum bisher erst vereinzelt genutzt. Grund ist die anhaltende Modeproduktion in Billiglohnländern.

In der Pandemie hat sich aber auch das geändert, so Stephan. Die Nachfrage nach dem Direktdrucker Epson F3000, sei nicht nur von Anbietern aus dem klassischen Partyshirt-Sektor gekommen, sondern auch von brand owners, die ihre Brands mit dem Design und Druck von T-Shirt-Motiven entwickelt haben.

Lokales Prototyping

Im pandemiebedingten Stillstand begann man auch in großen Modehäusern darüber nachzudenken, ob es noch sinnvoll und zeitgemäß ist, ausschließlich im asiatischen Raum zu produzieren. Zitat: „Manche überlegen, gewisse Produktionsschritte, wie etwa das Prototyping, wieder zurück nach Deutschland zu holen. Die Lieferketten sind nach wie vor gestört und die Preise von Produkten, die aus dem asiatischen Raum kommen, werden aufgrund der logistischen Schwierigkeiten und der fehlenden Container steigen.“

„Manche überlegen, gewisse Produktionsschritte wie etwa das Prototyping, wieder nach Deutschland zurückzuholen.“

Andreas Stephan, Manager Business Development of ProGraphics and Industrial Printing bei Epson Deutschland

Erzeugung eines Farbtons

Der klassische Textildruck basiert auf dem CMYK-Farbmodell. Es bildet die technische Grundlage für den Vierfarbdruck. Die Abkürzung CMYK steht für die drei Farbbestandteile Cyan (Blau), Magenta (Pink), Yellow und den Schwarzanteil, der traditionell als Key bezeichnet wird. in der Regel werden drei Farbstoffe gesucht, deren Summe von Farbspektren dem Spektrum der gesuchten Zielfarbe entspricht. Im digitalen Textildruck würde der Farbraum von CMYK nicht ausreichen. Die Farben werden direkt auf dem Substrat aus den zur Verfügung stehenden Prozessfarben gemischt. Epson schafft es übrigens auch, Neonfarben zu drucken.

digitaler Textildruck
CMYK – Cyan, Magenta, Gelb und Key (Schwarz) (c) Pixabay – DTech

Welche digitale Textildruckmaschine – bzw. Tinte jeweils geeignet ist, hängt von der Art des Stoffes ab. Wenn etwa im Druckprozess sehr hohe Temperaturen involviert sind, dann könnten Kunstfasern darunter leiden.

Direktdruck

T-Shirts, Sweatshirts und Hoodies werden direkt bedruckt, das heißt, das Motiv wird auf das fertige Produkt aufgebracht. Geeigneter Farbstoff sind Pigmente, die auf Baumwolle und Baumwoll-/Polyestermischungen mit weniger als 35 Prozent Polyesteranteil die besten Ergebnisse liefern. Mit Pigmentfarben kann man auch dunkle Stoffe mit Weiß überdrucken. Metalleffekte gelten übrigens auch als eine Art Pigment. Typisch für Pigmente ist, dass sie sich nicht mit Fasern verbinden können. Deshalb werden der Farbpaste spezielle Bindemittel beigemengt, die einen Klebeeffekt haben.

Der im Direktdruck angewendete Pigmentfarbstoff ist wasserbasiert. Der Nachhaltigkeitsgedanke sei gegeben, so Stephan. „Im Vergleich mit dem Siebdruck wird weniger Chemie und Wasser eingesetzt und es wird auch weniger Energie verbraucht.“

Die Nachfrage von seiten der T-Shirt-Drucker konzentriere sich auf Maschinen für den T-Shirt-Direkt-Druck, wie die Epson F3000, die ein begrenztes Druckfeld haben. Modedesigner entscheiden sich eher für Maschinen für den Sublimationsdruck, die vielseitiger sind und auch diese 2020 verstärkt nachgefragt worden, so Stephan.  

Sublimationsdruck

Die Stärke des Sublimationsdrucks liegt in seiner fotografischen Bildqualität. Als Farbstoff wird Dispersion eingesetzt. Diese ist wärmeempfindlich und sublimiert unter Hitze- und Druckeinwirkung zu Dampf, geht also vom flüssigen Zustand in den gasförmigen Zustand über. Als solches kann sie in die Faser eindringen. Der Druckprozess erfolgt in zwei Schritten: erst wird das Motiv auf dem Sublimationsdrucker auf Papier gedruckt und dann auf einer sogenannten Hitzepresse (Kalander) unter Einwirkung von Hitze und Druck in das Polyestergewebe transferiert.

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Die Haftung des Farbstoffs ist so dauerhaft wie die Faser selbst. Dadurch verblassen die Druckmotive nicht. Ein gutes Farbbild kann allerdings nur auf Stoffen mit einem Polyesteranteil von mindestens 50 Prozent erzielt werden.

Das hohe Qualitätsniveau kann auch bei hoher Druckgeschwindigkeit gehalten werden. Die größte Sublimationsdruckmaschine druckt bis zu 200 qm in der Stunde. Zudem kann die Anlage rund um die Uhr betrieben werden.

Monna Lisa

Monna Lisa ist die vielseitigste digitale Textildruckmaschine bei Epson. Sie ist für den Sublimationsdruck geeignet, kann aber auch mit allen anderen textilen Farbstoffen betrieben werden. Die verbreitetsten Farbstoffe im industriellen Umfeld sind reaktive Farbstoffe, die eine Art von chemischer Bindung mit Fasern eingehen. Als solches eignen sie sich für ein breites Spektrum an Fasertypen. Beispiele dafür sind Natur- und Zellulosefasern wie Baumwolle und Leinen sowie pflanzenbasierte Fasern wie Viskose, Rayon und Seide.

Ätzende Farbstoffe weisen eine große Farbvielfalt auf. Sie eignen sich für Seide und Nylon sowie für Fasern mit natürlichen Proteinen, wie Wolle und sämtliche auf Tierhaaren basierenden Fasern.

Bei beiden, reaktiven und ätzenden Farbstofftypen, sind spezielle chemische Prozesse erforderlich. Nur so sind diese permanent mit der Faser zu verbinden, ohne diese zu verändern. Die so erzielte Farbstabilität überdauert viele Wäschen.

Anwendungsbeispiel

Ein prominenter Designer, dessen Erfolg auf dem digitalen Textildruck aufbaut, ist der Londoner Modedesigner Richard Quinn. Er verwendet Sublimationsdruck, um seine hyperrealen Vintage Blumendrucke zu realisieren. 2018 produzierte er zum Beispiel eine Capsule mit Liberty London, dem Hersteller der traditionellen Streublümchenstoffe. Mit der eigenen Musterproduktion kann Quinn seinen Retail-Partnern aus der High Fashion exklusive Drucke anbieten. Das verhindert, dass ein Motiv rasch inflationär wird. Außerdem druckt er on-demand, um Überproduktion zu vermeiden. Das wirkt sich positiv auf die Umwelt aus und verhindert die negative Abwärtsspirale durch fortlaufende Preisnachlässe, so der Designer.

In Start-up-Manier bietet er sein Know-how und seine Druckanlagen auch anderen Modelabels an, die kleine Druckserien bei ihm in Auftrag geben können.

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Epson hat sich freiwillig der Nachhaltigkeit verpflichtet. So sind zum Beispiel die neuesten Technologien selbst auf dem ältesten Modell von Monna Lisa aus 2003 zu nutzen.

Im Februar 2021 nahm das Unternehmen an der digitalen Konferenz Sustainable Brands 2021 Yokohama teil, die zeitgleich in Korea, Malaysia und Thailand abgehalten wurde. Es ging um nachhaltige Lösungen in der Mode- und Bekleidungsindustrie. Das Unternehmen beteiligte sich an der Diskussion ‚Achieving a sustainable textile market with inkjet printing’. Im Activation Hub zeigte die japanische Designerin Aguri Sagimori Teile ihrer aktuellen Kollektion, die auf Epson Tintenstrahldruckern gedruckt waren.

Seiko Epson Corporation

2003 trug Seiko Epson zur Entwicklung von Monna Lisa mit der geeigneten Tintenstrahltechnologie bei – das heißt Druckköpfe und Tintenzufuhrmechanismen. Druckköpfe zählen zu den wichtigsten Teilen einer Textildruckmaschine. Neben Robustelli war die ebenfalls italienische For-Tex s.r.l.t am Projekt beteiligt. Der Farbstoffspezialist entwickelte eine spezielle Tinte für den Textildruck. In Kombination ermöglichen Drucker und Tinte gute Farbabstufungen und die für den Digitalprint typischen Farbreproduktionen. Seit 2016 sind For-Tex und Robustelli im Besitz von Epson und das Unternehmen kann alle Komponenten für den digitalen Textildruck aus einer Hand anbieten. Zuletzt investierte das Unternehmen mehr als 142 Mio. USD (115 Mio. Euro) in ein Innovationszentrum in Japan, welches ähnlich wie das Textile Solutions Centre in Como, Italien, über ein Testlabor für den digitalen Textildruck verfügt.

Mit der Epson Drucktechnologie zeigt auch die Rückseite von Stoffen hervorragende Druckqualität. Ein Effekt, wie wir ihn vom Waxprint kennen.

Globales Wachstum

Laut Smithers einem multinationalen Anbieter von Test-, Beratungs-, Informations- und Compliance-Dienstleistungen, wächst der Markt im digitalen Textildruck jährlich um 11,6 Prozent und soll bis 2023 ein Volumen von 4,9Mrd. Euro erreichen. Der größte Anwendungssektor für den Tintenstrahldruck ist Kleidung – einschließlich Bademode, Sportbekleidung und Haute-Couture. Dieser Marktsektor machte 2018 drei Viertel des Gesamtvolumens aus. In absoluten Zahlen sind dies 2,13 Milliarden Euro.

Derzeit liegt der Anteil des Digitaldrucks bei Textilien erst bei 5 Prozent. Schätzungen zufolge soll dieser aber in den kommenden zehn bis 15 Jahren von fünf auf 50 Prozent steigen.

Hildegard Suntinger

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