Die Modeproduktion ist arbeitsintensiv. Die Automatisierung reduziert den menschlichen Arbeitseinsatz und soll die Fertigung zurück in die Nachfragemärkte bringen. Durch die wegfallenden Transportkosten wäre die lokale Produktion auch nachhaltiger:
Der seit den 1960er Jahren anhaltende Trend zur Billigproduktion in China und Südostasien schien irreversibel. In der Zwischenzeit haben Marktkonzentration und Professionalisierung zu einer Verteuerung der Produktionsplätze geführt. Zudem brachten Automatisierung und Nachhaltigkeit neue Denk- und Arbeitsweisen hervor.
Grund für die Unternehmensberatung McKinsey eine Studie zu den Themen Nearshoring, Automatisierung und Nachhaltigkeit durchzuführen. Das Fazit der Studie: Die Rückkehr der Modeproduktion nach Europa ist wahrscheinlich.
Die Studie kann lediglich einen Trend aufzeigen. Nach wie vor zählen China und Bangladesh zu den größten Lieferanten im deutschen Modehandel. Da die Studie auf der Befragung von 188 Experten aus der Modeindustrie basiert, kann daraus die Haltung der Industrie gelesen werden.
Die Industrie ist ökonomisch geleitet, kommt aber nicht mehr umhin, zunehmend gemeinnützige Aspekte ökosozialer Natur einzubeziehen.
Ökonomische Aspekte des Nearshoring
„Für einzelne Kleidungsstücke mit wenig aufwändiger Produktion lohnt sich die Rückverlagerung der Fertigung nach Europa schon jetzt “, betont McKinsey Experte Karl-Hendrick Magnus. Bei Berücksichtigung der Transport- und Einfuhrkosten liegen in der Türkei produzierte Jeans um drei Prozent unter jenen aus China.
Neben den Transport- und Einfuhrkosten ist es auch der Faktor Zeit, der China und Südostasien als Modeproduktionsländer zunehmend in Frage stellen. So sei ein Kleidungsstück aus Südostasien bis zu 30 Tage mit dem Schiff in westliche Märkte unterwegs. Ein Transport aus der Türkei nach Deutschland brauche nur drei bis sechs Tage.
Schnell auf Trends reagieren
Inklusive Planung vergehen zwischen Produktentwicklung und Lieferung in den Handel bis zu zwölf Monate. Die Reaktion auf kurzfristige Markttrends ist unmöglich – das Risiko der Überproduktion hoch. Kleidung, die am Bedarf vorbei produziert wird, führt zu Rabattaktionen und lastet auf den Margen. Im Fall der Unverkäuflichkeit endet die Kleidung ungenutzt auf dem Müll. Das stellt ein großes Umweltproblem dar.
Die Modeproduktion wurde wegen der teuren Arbeitskräfte in den Nachfragemärkten ausgelagert. Die Automatisierung ermöglicht deren Re-Etablierung. Gemeinsam mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule und dem Digital Capability Center Aachen berechnete McKinsey das Potenzial von Automatisierungstechnologien.
Die Studienautoren gehen davon aus, dass in den kommenden zehn Jahren 40 bis 70 Prozent der Kleidung automatisiert hergestellt werden könnten. Die Produktion von Jeans könnte dann statt derzeit 36 Minuten nur noch elf Minuten dauern.
Re-Etablierung der Modeproduktion in den Nachfragemärkten
Eines der ersten Beispiele für die Re-Etablierung der Produktion im Nachfragemarkt, war die Adidas Speedfactory, in welcher die Sneakers-Produktion digitalisiert wurde und Prozesse weitgehend automatisiert sind.
Die Automatisierung der Bekleidungsproduktion ist in den USA bei bestimmten Kleidungsstücken heute schon möglich. In Europa setzt man hingegen auf eine Teilautomatisierung. Der Grund: Je komplizierter ein Kleidungsstück, desto problematischer ist eine automatisierte Produktion.
Nachhaltige Aspekte der lokalen Modeproduktion
Automatisierung geht mit weniger Wasserverbrauch, Energie- und Chemikalieneinsatz einher, betont Saskia Hedrich, Co-Autorin der Studie. Durch die lokale Produktion kann und das hohe Produktionstempo kann rasch auf kurzfristige Markttrends eingegangen werden. Die Stückzahlen sind leichter planbar und Überproduktion kann weitgehend vermieden werden.
Die Re-Etablierung der Produktion in den Nachfragemärkten reduziert die Transportwege und damit den ökologischen Fußabdruck.
Lokal produzierende Unternehmen betonen die Schaffung von neuen und qualifizierten Jobs in den Nachfragemärkten. Die Ausbeutung von Arbeitskraft in den Billiglohnländern habe ein Ende.
Lt. Hedrich glauben zwei Drittel der befragten Industrie-Experten, dass 2025 Nachhaltigkeit ein Hauptgrund für Modekunden sein wird, ein Produkt zu kaufen.
Update:
Am Montag, den 11. November 2019 teilte der Sportartikelhersteller Adidas mit, dass seine erst 2017 eröffneten Speed-Factorys in Ansbach und in Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) eingestellt werden. Grund für die Schließungen seien weniger finanzielle als organisatorische Gründe. Die Technologie werde allerdings weiter in den Zulieferbetrieben in Asien eingesetzt.
[…] die vollautomatische Sportschuhproduktion war Adidas. Das Unternehmen etablierte 2018 sogenannte Speedfactories in Franken (Deutschland) und Atlanta (USA). Nach nur zwei Jahren kam das überraschende Aus und die […]
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